Mehrere Hände halten eine kleine Miniatur-Erde in grün fest

Nachhaltigkeit im Datacenter beginnt bei der Planung

News | 14.10.2024

Ab 2027 sollen laut Koalitionsvertrag neue Rechenzentren klimaneutral ausgelegt sein. Die dafür notwendigen Rahmenbedingungen sind jedoch noch nicht ausreichend vorhanden. Mit gezielten Maßnahmen können Unternehmen die Vorgaben frühzeitig erfüllen und dem Markt von morgen  gerecht werden. Die Weichen dafür sollten bereits bei der Planung gestellt werden.

Im Jahr 2024 fiel der Earth Overshoot Day auf den 1. August – einen Tag früher als im Vorjahr. Der Earth Overshoot Day markiert den Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann, aufgebraucht hat. Die fortschreitende Digitalisierung spielt dabei eine große Rolle: Allein in Deutschland verbrauchten die energieintensiven 
Rechenzentren 2022 mit 17,9 Milliarden Kilowattstunden 3,7 Prozent des deutschen Stromverbrauchs – und damit deutlich mehr als die Stadt Berlin. Steigende Anforderungen, Cloud Computing, Künstliche Intelligenz (KI) und die Nutzung internetbasierter Daten treiben den Energiebedarf weiter in die Höhe. Doch die Technologie der IT-Infrastrukturen entwickelt sich stetig weiter und wird dabei immer effizienter. Denn während die IT-Anschlussleistung zwischen 2010 und 2022 um 90 Prozent stieg, erhöhte sich der Stromverbrauch nur um rund 63 Prozent. Das am 18. November 2023 in Kraft getretene Energieeffizienzgesetz (EnEfG) soll diese Effizienz weiter steigern. Neue und bestehende Rechenzentren müssen nun ab 2024 erstmals Energieeffizienzstandards einhalten und stehen damit vor einigen Herausforderungen. Alle energierelevanten Systeme müssen ihren Beitrag leisten - von der IT-Strategie über den Einsatz erneuerbarer Energien bis hin zur Abwärmenutzung und zum Rohstoffrecycling.

Energieeffizienz funktioniert nicht ohne Partner

Eine Grundvoraussetzung für die Energiewende sind technische Aufgeschlossenheit und die gezielte Auseinandersetzung mit neuen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Energieeffizienz. Wo gibt es industrielle Abnehmer, die mit Abwärme versorgt werden können? Welches Gebäudedesign senkt den Energieverbrauch am effektivsten? Wie lassen sich innovative Kühlkonzepte effizient umsetzen? Alle diese Fragen müssen sich Betreiber frühzeitig stellen und in die Planung mit einbeziehen.

Eine wichtige Säule ist die Zusammenarbeit von Wissenschaft und erfahrenen Praxispartnern, die innovativ und am Puls der Zeit arbeiten. Ein Bewertungskriterium für Energieeffizienz mit wachsender Bedeutung ist beispielsweise das Umweltzeichen Blauer Engel für Rechenzentren. Der Blaue Engel ist nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal (bisher sind nur vier Rechenzentren zertifiziert), sondern auch ein relevantes Bewertungskriterium für klimaneutrale Rechenzentren, wie sie ab dem Jahr 2027 gemäß EnEfG vorgeschrieben sind. Akkreditierte Praxispartner sind offiziell befähigt, auch dahin gehend beratend zu unterstützen. 

Eine zentrale Kennzahl für die Effizienz von Rechenzentren ist die Power Usage Effectiveness (PUE). Der PUE-Wert beschreibt das Verhältnis der eingesetzten elektrischen Leistung für das gesamte Rechenzentrum (RZ) im Verhältnis zu der elektrischen Leistung der IT-Komponenten. Je geringer dieser Wert, desto besser.  Bei marktüblichen Anlagen liegt der PUE-Wert zwischen 1,2 und 2. Moderne Rechenzentren wie zum Beispiel das Nexspace-Rechenzentrum im Heidelberg Innovation Park können schon heute – bei Vollauslastung – Werte unter 1,2 erreichen. Rechenzentren, die ab 2026 an den Start gehen, sind sogar verpflichtet, einen 
PUE von ≤ 1,2 einzuhalten. Ein Proof of Concept kann frühzeitig helfen, die Machbarkeit eines RZ-Projekts unter Berücksichtigung der relevanten Kennzahlen und Gesetze zu überprüfen. Eine 
Computational-Fluid-Dynamics-Analyse (CFD) im Digital Twin zeigt zum Beispiel genau auf, wo warme und wo kalte Luft strömt und welches Design Kühlenergie einspart. Im erwähnten Datacenter in Heidelberg erfolgt die Kühlung etwa durch Fernkälte der Stadtwerke, die im Kraftwerk regenerativ erzeugt wird.

Auch die Abwärmenutzung ist ein wichtiger Baustein in puncto „Klimaneutralität“ und durch das EnEfG reguliert. Die beim IT-Betrieb erzeugte Wärme kann, nachdem diese auf das entsprechende Temperaturniveau angehoben wurde, als CO2-neutrale Energie beispielsweise zum Heizen von Wohn- oder Gewerbegebäuden genutzt werden. Erfahrene Rechenzentrumsentwickler berücksichtigen die notwendigen Schnittstellen zur Abwärmenutzung bereits bei der Gebäudeplanung und vermitteln zwischen den Wärmeerzeugern und -abnehmern.

Teilweise macht das Energieeffizienzgesetz zusätzlich Ökostrom schon heute zur Pflicht: Seit diesem Jahr müssen 50 Prozent und ab 2027 schließlich 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien verwendet werden. Eine Lösung ist hierbei ein Mix aus On-Site-Quellen wie Photovoltaik und Off-Site-Quellen über Stromlieferverträge mit Herkunftsnachweis aus Deutschland und Europa.

Nachhaltigkeit sollte so früh wie möglich mitgedacht werden

Bereits bei der Planung eines neuen Datacenters werden die Weichen für einen ressourcenschonenden Betrieb gestellt. Beim Bau gilt das Cradle-to-Cradle-Prinzip, also ein durchgängiger und konsequenter Rohstoffkreislauf nach dem Vorbild der Natur. So kann eine Lebenszyklusanalyse (LCA) im Digital Twin helfen, den Produktlebenszyklus der einzelnen Rohstoffe im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu verlängern und die Umweltbelastung eines Rechenzentrums zu minimieren. Bei der Tragwerksplanung ermöglichen Simulationen die Optimierung von Querschnitten und die Auswahl der richtigen Materialien.  CO2-reduzierter Beton, der optimierte Einsatz von Stahl, unbeschichtete Holzwerkstoffe und grüne Dämmstoffe unterstützen eine nachhaltige Bauweise.

Neben Photovoltaikanlagen zur zusätzlichen Stromerzeugung vor Ort ist heutzutage auch die Fassaden- und Dachbegrünung in modernen Rechenzentren durchaus gängig. Spezielle Pflanzenarten 
können eine hohe Menge an CO2 absorbieren. Zusätzlich sorgen die Grünflächen für eine natürliche Fassadenkühlung. Auch Wassersparmaßnahmen und ein smartes Wassermanagement sollten 
frühzeitig mitgeplant werden. Regenwasser kann beispielsweise unterirdisch gesammelt und dann je nach Bedarf entsprechend zur Bewässerung genutzt werden. Durch die gezielte Umsetzung dieser Maßnahmen rücken die Effizienzziele deutlich näher. Dies führt zu einem besseren ökologischen Fußabdruck der gesamten Rechenzentrumsbranche – zugunsten der Betreiber, der Kunden und 
der Umwelt.

Dieser Artikel ist zuerst im Magazin IT-Mittelstand, Ausgabe 9 | 2024 erschienen. Hier geht es zum kostenfreien Download.

Titelbild: © Stratocaster #445371580 / stock.adobe.com (Standardlizenz)

 

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