Frischer Wind für das RZ
Das Rechenzentrum, welches einer langen Planungszeit bedarf, wurde im August/September 2017, innerhalb von 5 Wochen aufgebaut. Die insgesamt 5 DC IT Safes der Data Center Products (ein Tochterunternehmen der Data Center Group) stehen in einem fast 150 Meter hohen Enercon Windkraftrad als Betreibermodel im Windpark Lichtenau bei Paderborn.
Erneuerbare Energien für Rechenzentren zu nutzen, ist ein bekanntes Thema. Anlagen, die Biogase, Erdwärme oder Wasser nutzen, sind bereits in Betrieb. Neu ist dagegen die Idee der WestfalenWIND. Der Stromanbieter nutzt seine eigene, grüne Energie und hat ein Datacenter in eines seiner Windkrafträder gebaut.
Das Rechenzentrum dient als Pilotprojekt für Colocation-RZ und zeigt völlig neue Wege für grüne IT nach deutschen Sicherheitsstandards. Geplant und umgesetzt wurde das Projekt mit der dtm group und der Data Center Group als Partner. Zusammen konnten die beiden Firmen als Einzige eine Lösung zeigen, um ein Datacenter im Windkraftwerk zu realisieren.
Die WestfalenWIND GmbH hat sich die Erschließung und Nutzung der Windkraftenergie für seine ostwestfälische Heimatregion zum Auftrag gemacht. Insgesamt dienen dazu 260 Windkrafträder. Mit Blick auf seine zukünftige Geschäftsstrategie hat sich das Unternehmen entschieden, ihr Produkt zu veredeln und den Strom als Dienstleistung für Rechenzentren anzubieten.
Dieser ist bekanntlich der größte Kostenfaktor eines Datacenters. Entsprechend entsteht eine Win-Win-Situation: Nutzer der künftigen RZ können günstigen Strom direkt von der WestfalenWIND beziehen und gleichzeitig kann das Unternehmen den Strom verwerten, der nicht ins Netz eingespeist werden kann, denn Mit einem RZ als Eigenverbraucher können die Leerzeiten effektiv genutzt werden, in denen aus Überlastungsgründen kein Ökostrom produziert werden kann. Dabei sollten jedoch nicht einfach ein Container-RZ neben dem Turm aufgebaut werden, das den Strom anzapft. Der Anspruch war es, den vorhandenen Raum des Turmes zu nutzen und hier das RZ einzubauen.
Das Eckige muss in das Runde
Dafür hatte WestfalenWIND mehrere Jahre einen IT-Dienstleister gesucht. Mit der dtm group aus Meckenbeuren am Bodensee war dann schließlich ein Partner gefunden, der als Einziger eine umsetzbare Lösung anbieten konnte. Die Herausforderung für den IT-Dienstleister bestand darin, den Raum von den Höheneinheiten maximal auszunutzen und umgekehrt die Servicewege für die Techniker nicht zu verbauen.
Eine IT-Sicherheitszelle war aufgrunddessen von Anfang an ausgeschlossen. Gleichzeitig musste ein Konzept für die Stromversorgung erstellt werden. Diese ist zwar ausreichend vorhanden, musste jedoch kanalisiert und für Redundanzen genutzt werden. Die beiden Gewerke Windkraft und RZ sollten sich nicht untereinander beeinflussen. Weder hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit noch beim wesentlich komplizierteren Brandschutz.
Um die Klimatisierung, die Stromversorgung sowie den technischen und baulichen Brandschutz auf relativ kompaktem Raum zu realisieren, dauerte die Planungsphase sehr detailliert über 9 Monate.
„Die Realisierung des RZ verlief sehr schnell. Wir haben Ende August damit begonnen, die erste IT-Infrastruktur zu installieren. Eine Woche später folgte die Datenverkabelung und Leitungsverlegung im Turm. Wieder eine Woche darauf wurde die Klimatisierung installiert. Seit Anfang Oktober ist das RZ betriebsbereit“,
erklärt Frithjof Dubberke, Geschäftsführer IT bei WestfalenWIND. Um den kompakten Raum optimal zu nutzen, entschied sich dtm dafür, vier einzelnstehende Racks zu verketten, von denen nur zwei Schränke fixiert sind.
Die anderen beiden können, beispielsweise bei einer Wartung eines Trafos, kurzfristig abgebaut werden. Um den Brandschutz entsprechend der DIN EN 1047-2 zu gewährleisten, wurden nebst einer Brandmeldeanlage sowie einer Brandfrüherkennung die sogenannten Mini Data Center (DC IT Safes) der Data Center Products sondergefertigt. Sie sind nachweislich die feuerbeständigsten Mini-Data-Center der Welt. Für die komplette Kapazität im RZ wurde eine modulare USV mit redundanten Kontrollern N + 1 ausgelegt, die auch alle anderen Gewerke 15 bis 20 Minuten versorgen kann.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, eine externe Netzersatzanlage an das RZ anzuschließen. Die sekundäre Anbindung des Datacenters wird indes über einen zweiten Netzbetreiber realisiert und ist damit deutschlandweit einzigartig. Die Zertifizierung durch den TÜV sieht eine Verfügbarkeitsklasse (VK) 3 des Turms vor. Da jedoch weitere Türme folgen werden, die alle für sich die VK 3 vorweisen können, ist die Ausfallwahrscheinlichkeit durch das Cluster aus USVs, Stromanbindung, Klimatisierung und Datenanbindung gleich null. Der Windpark als RZ erreicht damit eine VK 4.
Hier geht es zum Link des Videos von WestfalenWIND
Blick in die Zukunft
Das Turm-RZ ist das erste eines als Colocation-RZ geplanten Windparks. Die Strategie sieht vor, viele Türme mit Rechenzentren auszustatten. Unternehmen mietet sich in den Windpark ein und hosten ihre Daten dann beispielsweise in drei verschiedenen Türmen.
Dafür wurden im kompletten Windpark Single-Mode-Fasern verlegt, um ein Datennetz mit einer sehr schnellen Infrastruktur abzubilden. Dubberke:
„Die Uni Paderborn ist dabei unser erster Kunde und wird ungefähr ein halbes Jahr lang einen Testbetrieb durchführen. Da sie stark im Bereich Big-Data-Analyse tätig ist, profitiert die Hochschule entsprechend von den Strompreisen. Die leistungsfähigen Server und Computer nutzen die 10 kW Wärme pro Schrank, die wir abführen können, dann auch tatsächlich aus. Wir profitieren natürlich von den Erfahrungswerten.“
Das Rechenzentrum umfasst
• 1 Single DC IT Safe der Data Center Products 62 HE für die USV-Anlage inkl. Be- und Entlüftung
• 1 Quattro DC IT Safe der Data Center Products 62 HE für die IT
• Inkl. Quattro Verkettung auf Stahlunterkonstruktion für eine Teilung/Trennung im laufenden Betrieb
• Inkl. Quattro Verkettung - schwingungsgedämpft
• 25 kW A + 25 kW B USV Versorgung in (1:1 Redundanz mit N+1 Redundanz im Strang)
• 25 kW Klimatisierung CW bestehend aus 6 x Frontcooler, 2 x Kaltwassersätze, 2 x Rückkühler (N+1 Redundanz)
• 2 x Hauptstromeinspeisung von zwei unterschiedlichen Energieversorgern
• Monitoring-System über die komplette Anlage
• Video Innen- und Außenüberwachung
• 2 x Rückkühler auf einer Betonplatte im Außenbereich, gesichert durch umlaufende Zaunanlage inkl. Dachabdeckung mit Zugriffsschutz)
• 2 x Kaltwassersätze im Turminneren auf einer extra angefertigten Stahlbühnenkonstruktion
• 19" NOVEC 1230 Löschanlage in der Quattro Verkettung (IT)
• 19" Rauchansaugsystem im Single Safe (USV)
• Intelligente PDU-Leisten A+B seitig
• TÜV tekit Level 3 Zertifizierung
• Die Anlage ist durch eine Chipkarte zutrittsgesichert und wird mittels der 3,5 Megawatt Eigenstromerzeugung des Windkraftrades betrieben.
Bildnachweise: © Data Center Group
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