Gerichtshammer und Paragraph aus Holz sowie ein grünes Holzhaus auf einem Holztisch

Präzisierung für die nachhaltige Digitalisierung

Energieeffizienzgesetz für Rechenzentren abgestimmt
News | 26.10.2023

Gibt es nun klare Vorgaben? Nachdem der eingebrachte Gesetzesentwurf des Energieleistungsgesetzes am 7. Juli 2023 nicht beschlossen wurde, konnte der Entwurf nach der parlamentarischen Sommerpause mit einiger Verspätung am 21. September 2023 besprochen und verabschiedet werden. Die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und die FDP stimmten für das Gesetz, die Oppositionsparteien dagegen. Am 20. Oktober passierte das Gesetz als letzten Schritt den Bundesrat.

Was müssen Rechenzentrumsplaner-, -bauer und -betreiber in Bezug auf das neue Gesetz beachten? Wir haben das Wichtigste zusammengefasst: 

Welcher PUE muss eingehalten werden?

Im Abschnitt „Energieeffizienz von Rechenzentren“ sieht der Entwurf vor, dass Rechenzentren einen bestimmten Wert der Energieverbrauchseffektivität oder auch Power Usage Effectiveness (PUE) nicht überschreiten dürfen. Dies ist nach Jahr der Inbetriebnahme der Rechenzentren gestaffelt: 

Betrieb vor dem 1. Juli 2026: Ab 1. Juli 2027 PUE ≤ 1,5 | Ab 1. Juli 2030 PUE ≤ 1,3
Betrieb ab dem 1. Juli 2026: PUE ≤ 1,2 

Abwärmenutzung und -vermeidung

Eine Pflicht zur gegenseitigen Bekanntmachung von Lastannahmen bzw. Abnehmern (also Energieanbietern) ist beschlossen. Wie die Umsetzung erfolgen soll, ist jedoch nicht geregelt. Die Nutzungspflicht der Abwärme entfällt, wenn der Wärmenetzbetreiber 6 Monate lang nicht auf die Anfrage reagiert oder sich kein Abnehmer findet. Hierbei muss der Rechenzentrumsbetreiber nachweisen, dass er die nötigen Kapazitäten zur Verfügung stellt, eine passende Infrastruktur liefert und ein Investitionsplan sowie finanzielle Rahmenbedingungen geregelt sind oder der Abnehmer trotz eines marktgerechten Angebotes dieses nicht annimmt.  

Der Anteil wiederverwendeter Energie (ERF – Energy Reuse Factor) muss bei Inbetriebnahme ab 
1.7.2026 mindestens 10% betragen,
ab 1.7. 2027 15% und 
ab dem 1.7.2028 20%

Einrichtung von Energie- oder Umweltmanagementsystemen

Ab 01.01.2026 ist die Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems verpflichtend

ab 1 MW Anschlussleistung bei privaten Rechenzentren sowie
ab 300 kW bei Rechenzentren der öffentlichen Hand

Register für Rechenzentren
Alle wichtigen Daten des Rechenzentrums müssen künftig in eine Datenbank für Rechenzentren (PEER-DC) eingepflegt werden. Diese hat den Nutzen, Umweltbelange in Bezug auf Rechenzentren zu überwachen, zu steuern, zu verbessern und zu dokumentieren. Dabei wird zwischen öffentlichen Informationen und geschützten Daten unterschieden. Hier soll der Spagat zwischen Datenschutz aufgrund sicherheitsrelevanter Bedenken und einem Register zur Vereinfachung des Vergleichs von Rechenzentren gelingen. Bereits ab 2024 sind PEER-DC jährliche Energieverbräuche zu berichten. Ab Mitte 2025 gilt eine Berichtspflicht an PEER-DC sowie die Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems. Im März 2026 tritt eine verpflichtende jährliche Informationsübermittlung an PEER-DC in Kraft. 
Diese Gesetze gelten für Rechenzentren mit einer Anschlussleistung >/= 300 kW bei öffentlichen und >/= 1000 kW bei privaten Rechenzentren.

Strombezug aus erneuerbaren Energien

Rechenzentrumsbetreiber sind dazu verpflichtet, ab 2024 zu 50% und ab 2027 zu 100% ungeförderten Strom aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Die Herkunftsnachweise (HKN) – also die Nachweise darüber, aus welcher Region der Strom bezogen wird – müssen hierbei jedoch nicht aus Deutschland oder der EU stammen.

 

Wann gilt was für wen? Unser Zeitstrahl zeigt auf, welche Daten und Werte beachtet werden müssen:
 

Fazit und Einordnung – mögliche Lücken im Gesetzesentwurf

 

Der Gesetzesentwurf regelt und reguliert viele wichtige Dinge, zeigt aber noch Lücken in Bezug auf den eigentlichen Fokus „Nachhaltigkeit“ auf. Für Bestandsrechenzentren existiert beispielsweise eine Schonfrist. Hierbei könnte zur Präzisierung ein Zeitpunkt einer Ertüchtigung festgelegt werden, die dafür sorgt, dass z.B. bestimmte PUE-Werte erreicht werden und der Betrieb effizienter wird. Für Neuanlagen sind die Werte festgeschrieben, was bedeutet, dass mehr Geld in die technische Infrastruktur investiert werden muss.

Die Erstellung einer nachhaltigen IT-Strategie fehlt in dem Gesetzesentwurf gänzlich – dabei existiert hier das größte Potential der Energieeinsparung. Eine IT-Strategie ist der Ursprung und das Grundfundament jedes Rechenzentrums.

Der Begriff des PUE erscheint zusätzlich problematisch. Allgemein betrachtet ist diese Kennzahl ein wichtiger Indikator für nachhaltige Rechenzentren, bildet aber nicht das gesamte Bild ab, da der Wert von diversen individuellen Faktoren abhängt. So kann sich der PUE sogar verschlechtern, wenn das Rechenzentrum energieeffizienter wird.

WUE rauf, PUE runter - Eine Verdunstungskühlung kann den PUE-Wert eines Rechenzentrums deutlich absenken, führt aber zu einem höheren Wasserverbrauch. Im Gesetzesentwurf ist der WUE (Water Usage Effectiveness) nicht geregelt. PUE-Werte werden oft zum Vergleich von Rechenzentren herangezogen, allerdings sind die Grundvoraussetzungen nicht dieselben. Zum einen können Hyperscale-Rechenzentren einen niedrigeren PUE als Colocation-RZs erreichen, zum anderen ist der PUE von den Außentemperaturen abhängig. So ist es bereits relevant, ob ein Rechenzentrum im Norden oder Süden Deutschlands steht. Auch die Festsetzung des PUE-Wertes auf 1,2 oder niedriger bei neuen Rechenzentren (ab 2026) erscheint zu ambitioniert. Der Durchschnittswert aller betriebenen Rechenzentren lag laut einer Studie des Bitkom-Institutes bei 1,55.

In Bezug auf ein Register für Rechenzentren hat man mit PEER-DC eine funktionierende Infrastruktur genutzt und somit Ressourcen zum Aufbau eines neuen Registers eingespart. Allerdings gelten die Gesetze der Datenerfassung und Informationsübermittlung nur für öffentliche Rechenzentren jenseits einer Anschlussleistung von 300 Kilowatt. Ein Wert, den die wenigsten Unternehmen erreichen und somit in diesem Register nicht auftauchen. 

Auch dass der Strom nicht aus Deutschland oder anderen EU-Ländern stammen muss, macht den Bezug an sich einfacher, konterkariert aber den Nachhaltigkeitsgedanken bezüglich nachhaltigen Stroms.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Ansätze, die der Gesetzesentwurf beinhaltet, wichtig und sinnvoll sind. Allerdings scheint dieser nicht ganz ausgereift, da diverse Punkte sehr unspezifisch formuliert sind, sodass Schlupflöcher ausgenutzt werden können, die das Gesetz stark abschwächen. Präzisierung scheint hier das richtige Stichwort.

 

Weitere Informationen zum Energieeffizienzgesetz und wie wir nachhaltig an den Themen der Zukunft arbeiten, finden Sie hier.

 

Titelbild: © Andrii Yalanskyi / #303849484 / stock.adobe.com (Standardlizenz)

 

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